Eigentlich ist man ja gar nicht so hinterm Mond zuhause, was das Technische angeht, man hat keinen Apparatemangel, kann mit dem Begriff Web 2.0 was anfangen und schickt (wie hässlich ist doch das Word “posten”) gelegentlich auch mal den einen oder anderen Tweet in die Welt hinaus, falls das irgendjemanden interessiert, was man so denkt und fabriziert.
Doch ab und an ist man auch gut beraten, mal diesen ganzen Digitalkram Digitalkram sein zu lassen und mal ganz analog was zu tun. Überrascht ist man etwa, wenn man die Bilder des ersten Kurzurlaub seit Jahren anschaut. Die mit der Steinzeitkamera (einer antiken Minox 35 GT, Baujahr 1981) gemachten Bilder ein und desselben Motivs sind um Klassen schöner als die mit der Schnickschnack-Digicam geschossenen. Oder aber beim Stöbern eine nette Postkarte (handschriftlich!) nochmal zu lesen, die man vor Jahren mal geschickt bekam und einem dabei warm ums Herz wird, ein Gefühl, das man bei Mails komischerweise nicht in dieser Weise empfindet.
Schön ist es auch, wenn seine Sammlung analoger Steinzeitgeräte unverhofft ergänzt wird, weil man netterweise einen Super8-Filmbetrachter vom Flohmarkt mitgebracht bekommt, der sich ungemein schick auf dem Regal macht (mit feschen, psychedelischen orangefarbigen Spulen, die man natürlich noch hat). Dabei wissen wahrscheinlich Leute, die nicht in den 1970er geboren wurden, gar nicht, was Super8 denn überhaupt ist. Schade eigentlich, denn ein gewisser Charme lässt sich nicht verleugnen.
Manchmal ist die Entdigitalisierung auch notwendig, um – so paradox das klingen mag – an der digitalen Welt weiter teilnehmen zu können. Gesetzt der Fall, das Mobilfunkgerät gibt den Geist auf – hat man die Nummern irgendwo notiert, die sich natürlich nur auf dem blöden Apparat finden lassen? Nö, natürlich nicht. Und was ist, wenn man nach dem dritten Whisky im Rechneraufräumwahn das Adressbuch löscht und keine einzige eMail-Adresse mehr besitzt? Ok, gut, man hat ja noch das TimeMachine-Backup, auf dem die Dinger gesichert sind, insofern ist man einigermaßen vor solchen Katastrophen gefeit. Aber dennoch – irgendwie hat es was beruhigendes, wenn man seine Telephonnummern auch mal ganz brav auf Papier notiert, in sein Notizbuch. Dazu noch die eMail-Adresse und die reale Adresse, falls man im Nostalgieüberschwang oder aus dem Urlaub mal ne Postkarte schreibt. Und schön ist es überdies.
Die Entdigitalisierung als ästhetischer Akt, ach, manchmal ist es einfach notwendig und eben nicht stockkonservativ, etwas ganz analog zu tun…
[…] Freude, Dinge analog zu besitzen oder mich völlig anachronistisch zu gebärden (siehe auch hier). Anfang der Woche etwa begab ich mich zum Marburger Schloß, um dort des Nachts ein paar Photos […]
[…] Freude, Dinge analog zu besitzen oder mich völlig anachronistisch zu gebärden (siehe auch hier). Anfang der Woche etwa begab ich mich zum Marburger Schloß, um dort des Nachts ein paar Photos […]
[…] man einen Artikel über die Entdigitalisierung, über die Schönheit und Erhabenheit des Analogen (siehe hier) – und wo veröffentlicht man das Ganze? In einem Blog, dem Inbegriff des Web 2.0., der […]
Zum Theme Entdigitalisierung habe ich eine interessante Stelle bei Garr Reynolds (“Zen oder die Kunst der Präsentation”) gefunden.
Der Meister der Präsentation empfiehlt nämlich, Präsentationen (Powerpoints, igitt) erst mal ganz undigital mit Papier und Bleistift, vielleicht noch post-its vorzuskizzieren.
Hab ich auch mal versucht – hat Spaß gemacht, entspannt und die Ergenisse kamen gut an.
Es gibt, glaube ich, auch eine leseprobe beim Addison-Wesley Verlag!
Andre! Ein neuer Eintrag im blog, wie schön trotz Digitalität 😉 Obwohl sich eine gewisse Regelmäßigkeit im bloggen einstellt, finde ich trotzdem: Wir sollten noch mehr schreiben! Bis uns die Finger bluten! Und lesen! Und uns freuen!
Zu deinem Text: Du hast Recht! Manche Dinge sind analog einfach viel schöner und emotionaler. Aber vielleicht liegt das nur an dem Aufwand, den man analog halt immer noch hat. Briefmarke kaufen, Postkarte aussuchen (Was schwer ist!!!), etwas schreiben, versuchen in schöner Handschrift zu schreiben, Adressen merken und einwerfen… Einen vergleichbaren Aufwand in eine Email zu packen ist schwer, aber ich glaube es geht trotzdem. Heißt aber, dass die Worte, die man wählt, eine solch gewaltige Bedeutung haben, dass sie sorgfältig ausgewählt werden müssen. Das passiert wahrscheinlich selten, aber es geht. Dumm nur, wenn man sich dann verklickt und alles nochmal machen muss. :\ Aber hey, vielleicht ist das Drumherum, das Sichern(müssen), das System aufrechterhalten usw. ja auch schon was 😉
…freu mich auf die Schlucke… vielleicht am 20.?