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Hoffentlich werde ich nicht zu Luis Trenker – Vom Urlauben

Dieses Jahr war – selten kommt es vor – auch ich zumindest für kurze Zeit in Urlaub. An sich ist das Ganze ja ganz schön, man kommt mal raus, sieht mal wieder was Neues und kann für ein paar Tage das permanente schlechte Gewissen einlullen mit möglichst viel Landschaft.

Was aber an Urlaub weniger schön ist: Die Erkenntnis, dass man nicht unbedingt ein grantiger Misanthroph sein muss, um die meisten anderen Menschen, die ebenso in Urlaub weilen, sehr sehr anstrengend zu finden. Denn es gibt ja äußerst merkwürdige Formen von Urlaubern: Die eine Sorte scheint dazu zu neigen, fünf Wochen lang all inclusive zwischen Pool, Buffet und Zimmer mäandernd sich zu überlegen, ob es sittsam genug wäre, den zweiten “Caipi” – und solche Menschen nennen den tatsächlich so – schon vor zwölf zu sich zu nehmen. Die andere Sorte verspürt den komischen Drang, in ihrer kargen Freizeit mit fünf Tonnen Hochgebirgsausrüstung sämtliche Luis-Trenker-Filme an Originalschauplätzen und in Original-Höhenmetern nachzustellen.

Mir ist beides einigermaßen fremd. Da ich sowieso eher ein Meermensch als ein Gebirgsmensch bin, bringe ich meinen Körper nur ungern übern Berg, sondern fahre ihn lieber an die See. Die Betonung liegt hierbei auf dem “an”, denn in die See zu gehen, darauf kann ich ganz gerne verzichten. Und wie schon angedeutet: Ich bin ein großer Freund der Landschaft, vor allem wenn sie an besagter See liegt.

Bizarr finde ich es aber, wenn die Menschen an die See fahren, diese aber gar nicht zu Gesicht bekommen – weil sie, wie unsere Campingplatznachbarn dieses Jahr – den ganzen Tag auf ebenjenem zubringen und den Platz partout nicht verlassen. Das Meer in einem halben Kilometer Entfernung: Uninteressant. Die geschmeidige Landschaft außenherum: Uninteressant. Kulturdenkmäler, Bauwerke et cetera: Um Gottes Willen.

Interessant scheint für diese Leute hingegen der erkerähnliche Anbau am Vorzelt des anderen Nachbarn zu sein, der wurde nämlich in aller Frühe ausgiebig begutachtet, mental vermessen und im Preis geschätzt. Besagte Familie mäandert zwischen Wohnwagen, dem Zelt für die Kinder und dem Vorzelt hin und her. So sieht also die Do-it-yourself-Variante von All Inclusive aus. Hier gibt es alles, was es zuhause auch gibt, denn offenbar haben sie ihren gesamten Hausrat mit dabei, ich wartete schon darauf, dass sie noch eine Waschmaschine nebst Trockner aufstellen. All-inclusive-mäßig ist auch die Essensversorgung: Abends gibt es nebenan Pommes – der Haushaltsvorstand fährt immer gegen halb sieben mit dem Auto die knapp 400m bis zum Kiosk, kauft dort Frittiertes und karrt es wieder heran.

Ich komme langsam ins Zweifeln: Bin ich doch eher wie der sportliche Typ, weil ich zum Meer zu Fuß gehe, an der Küste in den Felsen herumturne, zum Einkaufen den örtlichen Supermarkt aufsuche und nicht den Laden auf dem Gelände? Sollte ich doch ein verkappter Luis-Trenker-Touri sein, ein anonymer Sportler gar? Gott bewahre!

Auch wenn ich letztens kurz überlegt habe, ob ich mir nicht dreißig Meter Bergsteigerseil anschaffen soll – Steigeisen sind auch nicht so unschick, wenn ich genauer drüber nachdenke – und schroffe Abhänge gibts auch an der Küste…

1 kommentar

  1. Schön zu lesen und absolut nachvollziehbar. Am besten gefällt mir “die Do-it-yourself-Variante von All Inclusive” 🙂 *schmunzel*

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