“Heute erwartet Euch eine etwas andere Classic Sneak.” Als dieser Satz fiel, war ich schon etwas überrascht. In der Regel werden bei der Marburger Classic Sneak keine Ansagen gemacht und wenn sich das Kino im Vorfeld entschuldigt, ist da irgendetwas faul. Aber die Überraschung war positiv. Statt eines Films zu sehen, der zwischen 1895 und 1985 gedreht wurde, sahen wir einen aktuellen Film, der noch nicht in Deutschland erschienen ist: The Artist (F/B 2011, R: Michel Hazanavicius).
Der für mehrere Golden Globes und dem Oscar nominierte Film begeisterte mich mit Story, Idee und Ausführung. Doch zunächst zum Inhalt:
Hollywood in den 20ern. Der Stummfilm-Star George Valentin trifft auf die Jung-Schauspielerin Peppy Miller. Obwohl er verheiratet ist, findet er Gefallen an ihr und gibt ihr einen Tipp, mit der sie ihre Karriere anfeuern kann. Als Ende der 20er der Tonfilm den Stummfilm abzulösen beginnt, startet Peppy durch, während George sich der Neuerung verschließt…
Alles schonmal gesehen? Alles schonmal gehört? Klar. Die Story ist nicht neu, eher so eine Boy-meets-girl-romantic-comedy mit einem Generationenkonflikt. Der Clou dabei: Es ist ein Stummfilm. Ja, ihr habt richtig gelesen. Der Film ist ein kompletter Stummfilm der alten Machart. Kurze Dialoge, die der Gestik und Mimik der Schauspieler entnommen werden können, werden gar nicht “übersetzt”. Längere Dialoge und Sprechzeilen, die dem Verständnis dienen, bekommen eigene Tafeln – die zugegebenermaßen in der englischen Version ein wenig schnell vorübergehen. Die Tonebene beinhaltet eine Stummfilmmusik, die die Aktionen im Bild untermalt und die Stimmung wiedergibt. Alles in allem: Wirklich ein kompletter Stummfilm
Die Idee ist fantastisch. In einer Zeit, in der Special und Visual Effects mehr bedeuten als Story, Inhalt und sonstige Machart, 3 D eigentlich Pflicht ist, ist ein Film, der sich auf Ur-Werte des Filmemachens zurückbesinnt erstaunlich erfrischend. Die schauspielerische Leistung ist ebenso grandios. Welcher Schauspieler kann allein mit Mimik und Gestik das ausdrücken, wofür andere seitenweise Dialog brauchen?
Darüber hinaus beleuchtet der Film inhaltlich verschiedene Ebenen. Der Niedergang der Stummfilme und derer Stars wird genauso kritisch beleuchtet wie der Generationenkonflikt und das Studiosystem Hollywoods. Historisch recht einwandfrei, ist ein Film entstanden, der zurecht die Nominierungen erhalten hat und sehenswert ist.
Mich hat der Film begeistert. Ich kann jedem empfehlen, den Film zu sehen, zumal abseits vom Effekt-Kino der künstlerische Anspruch unterhaltend umgesetzt werden konnte.
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