Ich weiß, ich weiß. Wahnsinnig viele Menschen äußern sich derzeit über das Fernsehen. An jeder virtuellen Ecke gibt es einen Dealer, der exhibitionistisch die neuesten Lästereien über das Programm feilbietet. Aber ich kann nicht anders. Wenn ich das Gerät – das ich noch dringend zum Filme Schauen benötige – nicht kurz und klein schlagen will, muss ich mich hier auslassen. Und wer immer das hier liest, hört jetzt entweder auf (dann tschüss und schau‘ mal wieder rein) oder hat einfach Pech gehabt (danke für die Geduld).
Wo soll man da nur anfangen? Ich erinnere mich an eine Zeit, in der Fernsehen etwas Magisches hatte. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass meine ersten fernsehtechnischen Gehversuche dem amerikanischen Fernsehen gewidmet waren, was mich zwar ein klein wenig versaut haben mag, mich aber vielleicht umso empfänglicher für ‚die Magie‘ gemacht hat. Denn als ich schließlich nach Deutschland kam, schlug mir eiskalt die Erkenntnis ins Gesicht, dass Deutschland – das für mich seinerzeit aus der Küche meiner Großeltern bestand – in der Steinzeit verhaftet war. Das Fernsehen war schwarz-weiß und bot nur 3 Programme. Das Telefon war orange, hatte eine Wählscheibe und Schnur, die Tapeten und Teppiche waren bestenfalls psychedelisch und die Sprache, na ja, ich fragte mich schon, warum die Deutschen ständig schimpften – aber lassen wir das, ich wollte ja über das Fernsehen schreiben.
Kurzum, wäre ich damals schon ein vernunftbegabtes Wesen gewesen, hätte ich vielleicht erkannt, dass meine Situation eine ethnologisch (oder –grafisch?) betrachtet äußerst privilegierte war: Ich verstand weder Sprache noch Gepflogenheiten, was mich in die Lage des stummen Beobachters versetzte. So saß ich etwas abseits und beobachtete wie sich das Familienleben um diesen popligen Apparat in der Küche arrangierte: Das Abendessen wurde exakt getimt, damit man direkt danach ‚heute‘ sehen konnte, dann gab’s uninteressanten Erwachsenenkram und irgendwann kam das Sandmännchen. Ich war She-Ra, He-Man, Thundercats und dergleichen gewohnt und verstand die Aufregung meiner deutschen Halbschwester kein bisschen, war mir aber trotzdem recht schnell bewusst, dass das Fernsehen etwas ganz Besonderes ist. In den USA war es hingegen etwas Alltägliches, einfach und rund um die Uhr da, ein Rauschen im Hintergrund. Dazu kommt natürlich noch, dass es in Florida sommers wie winters, also wetterbedingt, für Kinder weitaus reizvollere Dinge zu tun gibt, als fern zu sehen. Aber schlechtes Wetter, scheinbar pathologisch schlechte Laune und eine Sprache, die wie schimpfen klingt, machten das Fernsehen für die Deutschen scheinbar attraktiver.
Ich muss schon sagen, das hatte etwas Heimeliges. Dicht gedrängt um das winzige Gerät, jeder eine Tasse heißen Kakaos auf dem Schoß balancierend und gebannt dem Programm lauschend – ja, das war schon nett. Kommunikativ war es nicht, aber auch das ist ein anderes Thema.
Und heutzutage? Ach, da kann ich nur abwinken und auf andere verweisen, ich habe dem nichts hinzuzufügen. „Sommermädchen 09“ auf dem besten Sendeplatz, da, wo früher Filme liefen. Hör mir doch auf…
Ihr fragt euch jetzt bestimmt, warum ich nicht einfach nicht fern sehe und auf eine Party gehe. Ja, das ist ganz einfach, ich kann face-to-face-Smalltalk nicht leiden und hasse kollektives Schwitzen. Meine Freunde haben heute alle „keine Bock was zu machen“ und gelesen habe ich heute schon zur Genüge. Hab‘ sogar gemalt, geputzt, aufgeräumt, Sport gemacht, gearbeitet, war allein im Kino und habe hinterher noch einen Film geschaut. Ich hab‘ also schon Einiges getan, ist ja nicht so, als würde ich darauf warten, dass das Leben zu mir kommt. Ich erwarte doch nur abends zwei oder drei Stunden [adäquates Adjektiv einfügen] Unterhaltung. Das ist doch nicht zuviel verlangt. Und zur Definition: „Sommermädchen 09“ gehört zum Beispiel nicht dazu. Ich könnte mich natürlich auch einfach auf den Rücken legen und meinen Herzschlag zählen…hmm…eigentlich…ich muss weg.
Zum Glück hat’s Sommermädchen nicht sehr hohe Einschaltquoten…