In Würde altern – das ist ja etwas, was viele – um nicht zu sagen die meisten – Musiker kaum schaffen. Da schleppen sich alte Männer mit Wohlstandsumfang auf die Bühne und verdingen sich als Rebellendarsteller. Bestes und zugleich umgemein abschreckendes Beispiel sind hier die Rolling Stones, die man seit Jahrzehnten wohl nur noch als peinlich bezeichnen kann.
Ein wenig besorgt war man also schon, als man hörte, dass ausgerechnet Leonard Cohen, jener Mann, der erst mit 34 Jahren seine erste Platte veröffentlichte, nach 15 Jahren Bühnenabstinenz wieder auf Tour gehen wollte. Der Grund auch hier: Das Geld. Nur hier aber nicht, weil es sich vermehren, sondern weil es erst mal wieder reinkommen sollte. Die letzte Platte: Ein grummelndes Geraune, mit obskurer und unpassender Musik unterlegt. Besorgt? Eher erschrocken. Die Location (was für ein widerliches Wort): Ausgerechnet die 02-World, neoliberaler Vermarktungstempel mit scheußlichster Eventarchitektur. Mit Bedenken also eine Karte erworben, denn: Einmalige Gelegenheit, der Mann wird dieses Jahr 75…
Und was hätte man verpasst, wenn man das nicht erlebt hätte. Ein alter Mann auf der Bühne, der aber so agil, so in sich ruhend und gelassen wirkt, dass man sich schlagartig wünscht, man würde die 75 auch so erleben. Die Stimme: Überraschend gut. Die Band: Fein ausgesucht, präzise spielend, gelassen. Cohen selbst von einer Höflichkeit, die schon fast an Demut grenzt. Zieht seinen Hut nach dem Applaus, sparsame Gesten, die aber nicht gekünstelt wirken – man merkt es förmlich, der Gute hat Spaß an seinem Auftritt. Natürlich weiß er auch, was das Publikum erwartet, die Standards sind dabei, die Reihenfolge geschickt, das Solo von Sharon Robinson selbstverständlich. Überraschungen sind aber vorhanden: Cohen spielt “Suzanne”, ganz alleine, ganz schlicht, nur sich selbst auf der Gitarre begleitend, seit Äonen nicht mehr live aufgeführt. Charmant trägt er Gedichte vor und spielt eine unglaublich schöne Version von “So long, Marianne” als eine von zahllosen Zugaben. Und man könnte eine Stecknadel fallen hören, so still ist es in diesem Moment.
So ist man, obschon jegliches Fantum als obskur ansehend, geradezu bezaubert von diesem Konzert, tief beeindruckt davon, wie es auch gehen kann, ein Comeback nach 15 Jahren zu starten, das eben nicht peinlich ist, bei dem nicht lieblos die alten Hits runtergekurbelt werden, weil die Menschen sie halt gern hören möchten. Schön war es, schön in seiner reinsten Bedeutung.
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Schöner Artikel, gefällt mir gut. Aber wenn in der Kategorie ‘Allgemein’ veröffentlicht, fände ich einen dezenten Hinweis auf den Autor ganz gut. Oder? Nur so eine Idee.