Eigentlich sollte man brav am Schreibtisch sitzen und sinnvolle Dinge verrichten – Hausarbeiten lesen etwa, die starren mich seit Tagen immer vorwurfsvoller an. Außerdem versuche ich mich schon seit Tagen immer unauffälliger durch die Uni zu bewegen, um Fragen von Studis auszuweichen, die mich nach ebenjenen Erzeugnissen von zumeist mäßiger Qualität fragen. Die einfachste Lösung hierfür: Konsequent und diszipliniert arbeiten.
Doch dagegen anzukämpfen ist nicht schwer, denn genau für solche Zwecke wurde – so meine neueste Theorie – die Kommentarfunktion von Artikeln erfunden. Neugierig wie man ist, liest man einen Artikel und klickt danach unweigerlich auf einen besonders guten oder – das passiert wesentlich öfter, da solche häufiger vertreten sind – vollkommen hirnrissigen Kommentar. Und schon ist es um die ganze schöne Zeit geschehen. Man liest fassungslos die Kleinkriege von Menschen nach, die offenbar nichts besseres zu tun haben, als sich gegenseitig als Kleingeister zu beschimpfen.
So geschehen in der aktuellen Spiegel-Online-Diskussion über Apple, wo man zu gefühlten dreitausendsiebenhundertvierundachtzigsten Mal die üblichen Argumente lesen kann. Der Mac ist zu teuer, zu bunt, man kann nicht gescheit dran rumbasteln und überhaupt, wo sei denn die geliebte Kommandozeile, so brüllen die einen. Die anderen finden natürlich alles gut, was his steveness jemals gemacht hat (Ich bin zwar auch ein Mac-Benutzer, gebe aber freimütig zu, dass S.J. auch schon ganz schöne Böcke geschossen hat, man erinnere sich nur an die Einstellung des Newton, den Preis für den Cube, das MacBook Air). Und trotz der Tatsache, dass man sowieso schon weiß, was einen erwartet: Man klickt sich durch zehn Seiten durch, mindestens.
Viel schlimmer ist es bei Artikeln über politische Themen. Was man da in den Kommentaren liest, bringt einen meist dazu, sich sofort im Netz umzusehen, wohin man denn mit den vorhandenen Geldmitteln auswandern könnte. Wenn man noch nicht vollends in dem Bewusstsein war, dass 90 % aller Deutschen rassistische, nationalbesoffene Spinner sind, die dauernd von Weltverschwörungen faseln – nach zwei Seiten Forum ist man restlos überzeugt. Hier ist es nicht nur die Zeit, die man hinter sich bringt, sondern auch den letzten Glauben an eine vernünftige Menschheit.
Ist man in gewisser Weise fußballaffin, dann sollte man sich von Dritten Seiten mit Userforen zum eigenen Verein heimlich sperren lassen. Gerade in Zeiten, in denen der Herzensclub etwas geschafft hat. Aufzusteigen etwa. In vollstem Bewusstsein, dass man die kommenden zwei Stunden abhaken kann, klickt man sich durch sämtliche 435 Beiträge eines Spekulationsartikels übelster Prägung, der verkündet, dass eventuell ein recht guter Ex-Spieler seines Vereins, der derzeit bei einem Club ekelhaftester Art spielt, den Weg “hääm” (wie der Pfälzer sagt) findet. Neues erfährt man nicht – außer, dass der Fußballfan als solcher in den allerallerallermeisten Fällen nicht in der Lage ist, einen geraden Satz zu denken geschweige denn zu tippen. Und dennoch: Man liest selbstverständlich alles brav durch.
Vielleicht sollte man eine Selbsthilfegruppe gründen – Anonyme Forumsleser oder so. Vielleicht sollte man aber auch Kommunikationsverweigerung betreiben, den Rechner mal zuklappen und sich ganz analog an den Schreibtisch setzen, vielleicht … aber die eine Diskussion, über die ich bei Perlentaucher gestoßen bin, die lese ich jetzt noch geschwind…
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