Er wollte in die Camargue, die wilden Pferde sehen. Aber auch das hat er nicht geschafft, immer kam etwas dazwischen. Und so sitzt er da, auf seinem Gartenstuhl vor der Scheune, die Pointe eines Preußen, den seine Geisteshaltung nirgendwohin gebracht hat. Die Glieder müde und schwach, aber in den Augen noch der Kampfgeist, das Echo der zur Faust geballten und gen Himmel gereckten Bauarbeiterhand. Ein Schatten nur. Traurig ist das nicht, eher irritierend. Ein strebsames Leben mit offenem Ende im luftleeren Raum. Unweigerlich die Erinnerung an eine ur-ur-ur-alte Grabinschrift, irgendwo gesehen und sogar fotografiert: „Ist es köstlich gewesen, so ist es Müh und Arbeit gewesen.“ Vor mir der lebende Gegenbeweis. Müh und Arbeit, ja, das schon. Aber war es auch köstlich? Nicht, dass ich mich erinnern könnte.
Die Tauben haben schon wieder das Oberlicht im Dachstuhl geöffnet und den abgelegten Kram in der kleinen Kammer vollgeschissen. Jenseits der Mietzahlung versiegt das Verantwortungsgefühl und ein wenig erleichtert die Gleichgültigkeit. Kerbe für Kerbe schliff sich die Freiheit ein, nicht jedem Anklopfen mit einem pflichterfüllten Willkommen zu antworten. Schulterzuckend drauf geschissen… sozusagen.
Zeit zu haben ist etwas mir einigermaßen Fremdes. Alles, was unrechtmäßig Raum forderte zurückgedrängt, vertröstet auf später oder ganz und gar abgesägt. Hausputz, Baby! und Oh.Mein.Gott! tat das gut. Tut es noch. Ich habe einen Karamell-Walnuss-Whiskey-Kuchen und einen Ingwer-Honig-Zucker-Halsschmerzwundersirup erfunden, mich an Cupcakes versucht und lese neuerdings Zeitung. Ich schneide Schneeflockenscherenschnitte, tränke sie in Tusche und bedrucke damit Packpapier. Neulich balancierte ich zum ersten Mal auf einer Slackline. Manchmal hole ich mir ein Yuppie-Heißgetränk-to-go und setze mich damit in die Sonne. Letzte Woche durfte ich mich als Installationskünstlerin versuchen. „Ich bin mir nicht sicher, ob das gut improvisiert oder lange überlegt ist“, hat der Probst gesagt. Die Arbeit, für die man mich dieser Tage bezahlt, zahlt durchweg auf das richtige Konto ein. Und letztlich ist doch das die einzige Frage von Belang. Aber sicher, die Tabula Rasa schreckt mich auch – das ist das Wesen großer Veränderungen – und es wird eine Weile dauern, sie neu zu bespielen.
So ist das Mäandern. Man kann es Umweg nennen oder auch malerische Landschaft, letztlich ist das Ansichtssache. Sicher ist aber, dass der Fluss im Meer mündet. Und ist das nicht beruhigend?
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