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No Strings Attached aka Wishful Thinking

Ich bin inspiriert, ich möchte schreiben, jetzt sofort, denke ich. Aber erst … erst muss ich noch mein Handy anschließen, damit mein Wecker morgen klingelt, damit mein Tag morgen läuft und das Treffen nicht ohne mich oder nur mit einem verknautschten mir anfängt. So wie heute. Und dann, dann muss ich mich noch abschminken, nicht, dass ich viel Schminke benutzen würde, abschminken meint doch einfach irgendwie nur mal ‚Gesicht waschen‘, ist schließlich scheißheiß draußen und man zerrinnt in kleinen Rinnsalen über unter und zwischen sich selbst. Komisch eigentlich, dass am Ende des Tages doch genau so viel oder sogar mehr von einem übrig ist.

Ich bin inspiriert, rieche nach Seife und Nikotin, ein bisschen nach Schweiß und Bier. Apropos Bier! Bier auf fast leeren Magen macht müde. Der Magen ist leer, seltenes Phänomen, aber dieser Tage kein Wunder, das Wetter halt. Aber apropos: Bier auf fast leeren Magen macht müde und beim Gähnen eben habe ich mir fast ein bisschen weh getan. Mein Kiefergelenk schreit mir die dreißig Jahre ins nach Seife duftende Gesicht. Aber wo war ich, ach ja, müde. Müde bin ich Känguru, decke meinen Bierbauch zu, Herrgott lass den Kater mein, morgen nicht so schrecklich sein. Ach Quatsch… Kater von zwei Bier.

Aber Moment mal, war ich nicht eben noch inspiriert und wollte schreiben, jetzt sofort? Erstmal ne Kippe, rauchen hat noch immer beim Denken geholfen. Aber wo ist die verfluchte Tasche. Nachdenken. Du bist reingekommen, hast die Jeans ausgezogen, die bei dem Wetter anliegt, als gäb’s kein Beine quälendes und Schweiß treibendes Morgen mehr. Ins Schlafzimmer auf den Sessel, der nur für Kleiderberge taugt, geschmissen. Ah, da ist auch schon die Tasche. Tasche holen, leise sein, Hünen nicht wecken. Tasche geborgen. Kippen darin, zurück in die Küche. Anmachen. Mit Kippe im Maul lässt sich’s schlecht schreiben, der Rauch brennt in den Augen. Mit Kippe in der Hand erst Recht, das zwei Finger Suchsystem wird zum einsamen Stochern eines einzelnen Fingers, der sich ständig vertippz, fd kuffe ghtgee finger.. Soll sie sich im Ascher doch allein rauchen, die blöde Kippe, schließlich bin ich inspiriert und will schreiben, jetzt sofort.

Da schmaucht sie nun vor sich hin. Zwanzig, dreißig oder vierzig Cent down the drain. Nee, das geht auch nicht, bin schließlich nicht Krösus. Also erstmal rauchen und dabei überlegen. Rauchen und denken.

Ach scheiß doch auf die Kohle, Geld kann man nicht essen, aber apropos essen, was trinken wär nicht schlecht, völlig vertrocknet vom Atem fremder Leute im vollen Saal. Und die Elektrolyte. Seit „Herr Lehmann“ bin ich verdorben für Austrocknung. Wasser im Kühlschrank, welch ein Glück. Kalt rinnt es die Kehle hinab und kalt schwappt’s im Magen. Schwipp schwapp. Ob die Werbefuzzis wohl so auf den Namen ‚Schwipp Schwapp‘ gekommen sind. Zugekokst und ausgetrocknet erstmal ne Limo in der Agentur geschlürft, wie damals bei Mutti, die einem erstmal was zu Trinken gab, wenn man völlig verausgabt und mit hochrotem Kopf vom Fahrrad fahren nach Hause kam? Die wollte zwar nichts hören von den Abenteuern, die man unterwegs erlebt hatte und seltsam eigentlich, wie Eltern und Kinder unterschiedliche Sprachen sprechen, aber ne kalte Limo gab’s immer.

Draußen schlurft jemand müde die Treppe rauf, Autos rauschen vorbei und die Dönermänner unter’m Fenster haben alle Spieße voll zu tun. Schlechten Wortwitz kann ich ja leiden wie Fußpilz. Aber ach, wer im Glashaus sitzt… Gott, das hört ja gar nicht auf.

Die Herduhr verkündet mit orangenen Ziffern, dass es schon spät ist. Ich muss schlafen, damit ich morgen wieder aufstehen kann und dann? Die Redundanz des Lebens ignorieren versuchen. Haare shampoonieren mal anders rum. Erst die Hose und dann den Schlüpper. Vielleicht mal umgekämmt raus. Kaffeepulver und Heißwasser erst im Mund mischen, Margarine und Marmelade mal ohne Brot. Oder nur Brot. Oder kein Brot. Ob der Asket in tibetischen Höhen wohl um die Redundanz weiß? Ja klar, wie spannend kann schon kniend summen sein?

Du hast den Farbfilm vergessen, Michael. Im Messerblock fehlt ein Messer. Meine Flip Flops färben die Füße schwarz. Wenn die Äpfel morgen nicht gegessen werden, werden sie schlecht. Die Tasche muss gepackt werden, damit der Kaffee morgen länger getrunken werden kann. Was zieh ich an, wie wird das Wetter?

Jetzt muss ich aber schlafen, ist schon spät. Und schon wieder kein Wort zu Papier gebracht.

1 kommentar

  1. omnikultur omnikultur

    *schmunzel*
    Wir sehen uns ja gleich, wie wir uns immer sehen jeden Tag. Redundanz hat auch sein Gutes. Man kann sich drauf verlassen, den Nachmittag ganz bestimmnt wieder furchtbar albern gemeinsam zu verbringen.

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