Neulich in einer Sitcom sprach die Figur einer jungen Frau während einer Frauenrechtsdemo über die Gründe, warum so wenige Frauen CEOs von Fortune 500-Unternehmen sind. Das übliche, wir kennen das schon. Und während die klassischen Schlussfolgerungen sicher nicht von der Hand zu weisen sind, frage ich mich mit zunehmenden Jahren auf dem Tacho meiner Berufstätigkeit: Haben wir Frauen vielleicht schlichtweg keinen Bock darauf? Mir geht es jedenfalls so.
Verantwortung, Innovation und Einsatz sind dabei nicht die Dinge, die meine Galle reizen, vielmehr ist es ein Verhaltenskodex, der mich abschreckt. Erst gestern telefonierte ich mit meinem Chef zum Thema Mittelabruf – also das in Bewegung setzen von sehr viel Geld, in unsere Richtung natürlich. Ich gehe da ganz unaufgeregt vor und frage den Geber, wie er es denn gerne hätte: Welche Formulare müssen verwendet und welche Formalitäten eingehalten werden, welche Abschlagsgrößen werden gewünscht und in welchen Abständen zueinander. Meine Gesprächspartnerin ist auch eine Frau, wir einigen uns schnell, wünschen einander ein schönes Wochenende und legen auf.
Mein Chef ist von dieser Art der „Verhandlung“ ganz und gar nicht begeistert und erklärt mir – heutzutage nennt man das mansplaining – dass man, also ich, unterscheiden müsse zwischen menschlichem und kaufmännischem Gebahren, dass man bei Gelddingen nicht mit Geldgebern umgehen kann, als seien es die besten Freunde. Man müsse hart vorgehen, Zahlungsbefehle und Mahnungen versenden, in kurzen Abständen zueinander, damit kein Raum für Fragen und Verhandlungen offen bleibe. Ich versuche kurz zu erklären, dass die vertragliche Grundlage dieser Angelegenheit für alle Seiten eindeutig ist und dass es daher keinen Grund gibt, beim Klären von Formalien den Molli zu machen, winke dann aber innerlich ab und lasse stattdessen die erzieherische Maßnahme stillschweigend und Augen rollend über mich ergehen.
Später denke ich über meine eigenen Ansprüche nach. Ist es vielleicht zu viel verlangt, auch im Beruf authentisch bleiben zu wollen? Ich habe weder Lust auf Verkleidungen, noch möchte ich tagein tagaus Scharade spielen. Ich verstehe es nicht, es liegt mir nicht, ich finde es geradezu widernatürlich.
Leider ist diese Haltung wenig hilfreich, lässt sie mich doch reihenweise Browsertabs mit auf den ersten Blick interessanten Stellenangeboten ernüchtert wieder schließen. Wenn ein Stellenanbieter möchte, dass ich schon im Anschreiben die Frage beantworte, warum diese Firma XY der optimale Arbeitgeber ist und warum ich unbedingt dort arbeiten will … puh, denke ich dann: Wer von Anfang an schon angelogen werden will – weil: Woher soll ich das denn bitteschön im Vorfeld schon wissen? – und auch keinen Raum für Selbstzweifel lässt – optimal ist schließlich ein ziemlich großes Wort –, der kann sich seine Stelle meinetwegen dahin schieben, wo die Sonne nicht scheint und dann frage ich mich, ob es anderen Frauen auch so geht.
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