Aus deinem Zimmer dröhnt der Trashpunk. Ich gehe kurz rüber und schließe leise deine Tür. Du machst dir keine Gedanken über die Nachbarn drüber, drunter oder nebenan. Gerade erst bist du nach Hause gekommen, machst lässig die paar Hausaufgaben und schlürfst dabei deinen Eistee. Ich kann hier, zwei Zimmer weiter, das nervige ‚uh-oh‘ von ICQ hören und dein flinkes Getippe auf der Tastatur. Manchmal schlurfst du rüber zu mir und sagst Sachen wie „Was gibt’s heute zu essen?“ oder „Weißte, was der Max heute erzählt hat?“ Du beschwerst dich über Lehrer und den blöden Constantin, der dich ständig mit seinen ADHS-Fingern begrapscht und es dann nie gewesen sein will. Du bist schon so groß, ich sehe bereits den Mann, der du einst sein wirst. Deine Kieferlinie gewinnt langsam an Kontur und auch dein Gang verrät dich. Erwachsen sein, nichts wünschst du dir mehr.
Schon heute bin ich nur ein Statist in deinem Leben, eine Konstante zwar, aber doch außen vor. Das ist in Ordnung. Manchmal aber möchte ich dir sagen: „Mach doch langsam Kleiner. Erwachsensein merkt man nur daran, dass alles komplizierter wird.“
Aber ich bin hier, um dich zu beschützen und deshalb verrate ich dir das nicht.
Schöner Text, Susan!